Kasperlitheater

Kasperlis schöne Tage «Im Grüene»
Kasperlis Heimat durfte für Monate ein gleichsam märchenhaft schöner Garten Eden sein. Ein sanft gewelltes Hügelgelände, mit traumhaft schönen Bäumen, anmutigen Wiesengründen, plätscherndem, kristallenem Quellgrund und versonnenem Lotosblumenteich. Während fünf Monaten lag, mit dem Wechsel der Jahreszeiten verbunden, eine unvergleichliche Stimmung über dem trauten Flecken Erde — und über meinem Puppentheater. Ein geheimnisvoller, magischer Zauber, eine berückende Atmosphäre. Und sorglos darin die Kinder. ... Ja, die Kinder! Sie waren die erhabensten Schönheiten in diesem Park. Sie kamen und gingen und kamen wieder, immer mehr, unabsehbar viele! Von ihren Stimmen war die Luft erfüllt. Manchmal geheimnisvoll wispernd, manchmal jubelnd und glückvoll jauchzend. Und die Bäume raunten und flüsterten über ihnen von köstlichen Dingen, von Kindsein und Jugendland, von Blumenzeit und Lebensfreude, von Paradieseslust und Märchenzauber. Das Märchen selbst war irgendwie neu erstanden. In Kasper, dem Held der Kinder, neu geboren. Eine hochgemute Spannung hielt alle in Atem, bis dann fröhliche Heiterkeit sich ergoss über alle Gesichtlein, wie goldene Abendwölklein zur Heimkehr der Sonne. — Wie oft saß ich in den nun vergangenen Tagen hinter den Brettern, die nicht die Welt, wohl aber den Himmel für das Kind bedeuteten und schielte, verzückten Auges, verstohlen hinüber, wo meine treueste Helferin saß, um ein glückhaftes Strahlen des Einverständnisses zu erhaschen: Dank, innigen Dank dem Kinde! Gewiss wir durften das Märchen im Kinde erleben, durften uns mitreißen lassen von der Nachdrücklichkeit und der hellen Begeisterung kindlichen Erlebens, durften uns befruchten lassen von der Wahrhaftigkeit, Unbestechlichkeit und Gerechtigkeit im Empfinden all dieser Kinderseelen. Das Niegeschehene und doch Immerwesende: hier ward es Ereignis. «Lasset die Kindlein zu mir kommen!»... Wir sahen sie kommen, wir spürten es zuweilen auch nur. Rührend und wohltuend zugleich war es, wenn bisweilen auf dem weißen Theaterzettel hinter der Bretterbude ein klatschrotes Hagröslein klebte, oder wenn leuchtende Kinderaugen, zage Kinderhändchen mir oder meiner Frau ein buntes Sträußchen Wiesenflor anboten mit der Beifügung: «Für de Chasperli!» — Oh, wie hast du mich da beschämt und beglückt zugleich, Kind, das du so im Unmittelbaren lebst. Und dass du mich in dein Seelenland hereinnahmst, mich liebtest und als deinesgleichen ansprachst. — Das Kind und das Märchen sind hier eins, und ohne das Kind wäre mein Kasper, wäre das Märchen nicht. Darum danke ich, dass es Kinder gibt.
Adalbert Klingler.


LIEBER KASBER, ES IST SCHÖN GESIE. ES GET MIER GUT. ES GET ALEN SCHULKINTERN GUT. FIELE GRÜSE VOM MARKUS
Originalbrief eines Erstklässlers


Aus: Wir Brückenbauer, 7. September 1951 — Kasperlis schöne Tage «Im Grüene»

Erste Vorstellungen von Adalbert Klingler
(Foto Jakob Tuggener © Jakob Tuggener-Stiftung, Uster)

Die kleinen Zuschauer leben mit
(Foto Jakob Tuggener © Jakob Tuggener-Stiftung, Uster)